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Feierwerk-Interview & Steckbrief

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Press / Presse

Mein Interview mit Nora Ollech vom Feierwerk.


Für die Öffentlichkeitsarbeit des Farbenladens führte Nora Ollech vom Feierwerk-Team ein schriftliches Inteview mit mir, als Ergänzung zu einem Künstlersteckbrief. Beides gibt einen weiteren Einblick in die Künstlerseele.


Claus Morlock Künstler-Steckbrief

Interview

„Human being – being human“, so heißt Deine Ausstellung – Der Mensch in seiner völligen Menschlichkeit also?! Was erwartet den Besucher auf Deiner Ausstellung?
Vielfalt und Galerieatmosphäre. Weder Kuschelkurs, noch gefällige Deko. Ich sehe das künstlerische Schaffen als eine der wenigen Möglichkeiten, alles zum Ausdruck zu bringen, was da ist. Und ich interessiere mich bedeutend mehr für die Grenzbereiche der menschlichen Existenz.

Meistens sind Männer das Motiv deiner Werke – zudem scheinen sie, dir zu ähneln. Sind es also Spiegelbilder?
In der Tat, das Männliche nimmt sehr großen Raum ein in meinen Arbeiten. Was in erster Linie damit zu tun hat, dass ich mich in zwei meiner intensivsten Serien mit Familienthemen (speziell: die männliche Ahnenreihe) und Selbstreflexion beschäftige. „Spiegelbilder“ trifft es folglich sehr gut.

Die Bilder sind alle wahnsinnig ausdrucksstark, zeigen Gefühle wie Wut, Entschlossenheit oder Verwirrung. Fröhlichkeit scheint zu fehlen – warum ist das so?
Ein Teil der Arbeiten resultiert direkt oder indirekt aus traumatischen Erlebnissen. Nicht nur die eigenen, sondern auch die der Generationen vor mir. Wir Kriegsenkel beginnen gerade erst, das Weltkriegstrauma aufzuarbeiten, während meine Vorfahren zum Selbstschutz verdrängen mussten, mit dem Wiederaufbau vollends ausgelastet waren oder schlicht Berührungsängste mit therapeutischen Maßnahmen hatten. Verdrängtes verschwindet aber leider nicht.
Ich selbst habe in der jüngeren Vergangenheit einiges einstecken müssen, was mich nachhaltig geprägt hat. Unmittelbar mit dem eigenen Tod konfrontiert, gab es für mich plötzlich keine Fröhlichkeit und Leichtigkeit mehr. Lebenshungrig bin ich mehr denn je und das Lachen habe ich auch nicht verlernt.

Du arbeitest immer wieder mit verschiedensten Materialien. Welche Bedeutung hat das für Dich?
Ich liebe das Experimentieren, die Freiheit, alles für den künstlerischen Schaffensprozess zu nutzen, was mir in den Sinn oder in die Finger kommt.
Darüber hinaus begeistert mich das Konzept des „Upcycling“: im Gegensatz zum Recycling, wo der Gegenstand wieder „verrohstofflicht“ (und oft abgewertet) wird, beschreibt das Upcycling-Prinzip eine qualitative Aufwertung. Und so finden alte Arbeitsplatten, Wasserhähne, Gummischnüre, weggeworfene Leinwände, Altholz mit Charakter, Papp-/Papierreste bis hin zum Kellerdreck ihren Weg in mein Atelier. In naher Zukunft möchte ich noch mehr Objekte gestalten, auch Installationen sind in Planung.

Was hat Dich 1993 dazu gebracht, Dein erstes Bild zu malen und wie kam es, dass Du bis heute dabei geblieben bist?
Ich habe schon als Kind ständig gebastelt, gezeichnet, gemalt. Später durfte ich mich im Kunstleistungskurs zielgerichteter weiterentwickeln und mir kunsthistorische Kenntnisse aneignen. Noch vor dem Studium habe ich mein erstes großformatiges Werk gemalt: 100×100 cm altes Bettzeug auf Holzplatte und Wandfarben, herrlich trashige Kombination 🙂 Als Student wurde mein Horizont noch einmal wesentlich erweitert, Malerei, Bildhauerei, Medienkunst, der ganze theoretische Kram hat mich allerdings stets ermüdet. Zum letzten Teil der Frage: Das Dabeibleiben war eine Riesenherausforderung. Es gab eine Phase, wo die Freie Kunst in die zweite (oder dritte) Reihe zurücktreten musste, weil einfach nicht genug Energie und Zeit übrig blieben. Ich musste mich also entscheiden und tat dies Mitte der Nullerjahre mit dem Einzug ins Sendlinger Atelier. Auch wenn ich heute noch als Designer arbeite, die Balance zwischen beiden beruflichen Bereichen stimmt einfach.

Wenn Geld keine Rolle spielen würde, würdest Du dann Deinen Job als Mediendesigner komplett an den Nagel hängen? Claus Morlock der Mediendesigner oder der Künstler?
Design wird immer eine Rolle in meinem Leben spielen, dazu liebe ich den Beruf viel zu sehr. Als (Bildender) Künstler musst du über viele Jahre sehr viel an Energie, Zeit und Geld investieren, eine Art von Langzeit-Startup-Phase. Die meisten müssen quer finanzieren und darauf vertrauen, irgendwann ihre Arbeiten zu Preisen verkaufen zu können, die in ökonomischer Hinsicht wenigstens halbwegs realistisch kalkuliert sind. Hätte ich einen Mäzen, ein Arbeitsstipendium oder als Künstler bereits den internationalen Durchbruch geschafft, dann würde sich die Gewichtung eindeutig zugunsten der Freien Kunst verschieben.

Deine Kunst besteht aus unterschiedlichen Serien – gibt es spezielle Momente, die Dich zu diesen Serien inspiriert haben?
Ja, klar, das ganze Leben besteht aus prägenden Momenten und Zwischenphasen, aus vielen Stufen der persönlichen Erkenntnis. Vergleichbar mit einer Sinuskurve, mal flacher, mal steiler. Das Leben ist keine Nulllinie, obwohl es schon Zeiten gab, in denen ich mir dies gewünscht hätte, der Erholung wegen. Extremsituationen können mächtige Motivatoren und Inspirationsquellen für Künstler sein, kosten aber irre viel Kraft. Ich habe schon in kaum auszuhaltendem Schmerz in einer Nacht exzessiv zwei Bilder gemalt und anschließend wie ein Hund auf dem Atelierboden geschlafen. Die Existenz der beiden sehr gehaltvollen Kunstwerke ist also gekoppelt an die damalige traumatische Erfahrung. Bestünde die Chance, rückwirkend beides auszulöschen, so bin ich mir nicht sicher, wie ich mich entscheiden würde.

Wie ist der Entstehungsprozess bei Deinen Kunstwerken?
Ich mache eine Erfahrung und habe eine spontane Idee, wie ich dies künstlerisch verarbeiten könnte. Meistens schreibe ich alles auf, was mir gerade dazu einfällt, eine gedankliche Landkarte. Zu diesem Zeitpunkt gibt es oft schon eine grobe Vorstellung der späteren Visualisierung samt Materialwahl, welche ich dann skizzenhaft festhalte. Unter Umständen steht noch Recherche an, z.B. bei (gesellschafts)politischen Themen oder Symbolik. Da ich selten abstrakt und fast immer figurativ arbeite, gibt es meist fotografische Vorlagen (Körperpositionen, Lichtstimmungen etc.) als Referenzen, die ich recherchiere oder selbst erstelle. Manchmal komme ich nicht über das Skizzieren hinaus, ein mühsamer Prozess disziplinierter Fleißarbeit voller Ansätze, Verwerfungen und Frustration. Es gibt Tage, da geht einfach gar nichts, auch das habe ich gelernt zu akzeptieren. Zum Glück geht die Arbeit im Atelier nie aus: auch niedere Dienst wie Aufräumen, Materiallager sortieren und Putzen wollen erledigt werden.
Das Malen selbst schließlich ist für mich stets ein offener Prozess. Ein Bild wird völlig anders als geplant, ist plötzlich „mittendrin“ fertig oder verlangt noch nach einer zusätzlichen Schicht. Hier hilft Rationalität nicht weiter, das Bauchgefühl allein entscheidet. Während der Arbeit geht es mir wie vielen anderen Künstlern auch: Zeit und Raum lösen sich auf, Stunden vergehen unbemerkt, eine herrlich grenzenlose Dimension.

Beschreib Deine Kunst in drei Worten.
energetisch, vielschichtig, unbequem

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